... oder "Wie einem das Betreiben eigener Root-Server auf die Füße fallen kann".

Seit ich Mitte der 90er Jahre Linux als Betriebssystem für mich entdeckt hatte, kam auch schnell der Wunsch auf, eigene Dienste damit zu betreiben. Ich hatte bereits unter OS/2 Dienste für die Öffentlichkeit bereitgestellt (eine Mailbox und einen FidoNet-Node). Ich lebte damals noch in Hannover, ISDN war schnell und für damalige Verhältnisse "günstig" zu bekommen. Zu dieser Zeit arbeitete ich im Rettungsdienst beim ASB Hannover und betreute nebenbei die dortige EDV - bzw. führte dort ein Netzwerk ein (Wechsel von DOS zu WfW 3.11).

Als dann die ersten Anbieter bezahlbare Root-Server vorstellten, war ich sofort dabei. Ich hangelte mich von Hetztner, über DE-Server und Schlund zu Hosteurope, bei denen ich dann mit einer Maschine eine ganze Weile blieb (torres.visynnet.de). Dazu gab es noch einen Server bei mir zuhause (defiant.home.kafke.net), der per fetchmail die POP3-Konten auf torres leerte (lief ja alles noch über ISDN-Dialins - Anbieter von ISDN-Flatrates gingen damals reihenweise pleite). DSL war noch nicht in Sichtweite.

Später änderte ich den Hostnamen zu torres.visyn.net. Wenn ich mich recht erinnere, war dieser Server dann 2002 auch schon mein erster Newsserver news.visyn.net mit Peerings u.a. zur FU-Berlin und anderen.

Nachdem ich dann 2002 meine heutige Frau kennenlernte, zog ich relativ bald nach Wunstorf und drosselte meine Aktivitäten im Netz vorübergehend. Gleichzeitig wechselte ich vom ASB Hannover in die Firma meiner Frau.

Im Juni 2004 wechselte ich dann mit meinem Hauptserver zur Firma IPX-Server (worf.visyn.net). Dieser Server sollte für lange Zeit das Schlüsselsystem für alle Dienste bleiben.

Als Linux-Distribution wählte ich damals SuSE Linux, als Mailserver Sendmail. Beides keine allzu klugen Entscheidungen, wie sich später herausstellen sollte.

Die Paketverwaltung von SuSE war ein Fall für sich, von Yast ganz zu schweigen. Die Pflege der Software wurde im Laufe der Jahre immer schwieriger und immer mehr Software musste ich direkt aus den Quellen selber kompilieren, um alles am Laufen zu halten - was die Pflege noch schwieriger machte. Sendmail ist eine mächtige Software, aber die Konfiguration ist ein Graus. Und das Setup wurde immer komplexer (diverse Milter wie Postgrey oder Spamassassin, Majordomo als List-Server und fidogate, um ein Echomail-Netnews/Netmail-Email-Gateway zu betreiben und eine Reihe weiterer Schweinereien).

Die Wahl von INN als Newsserver, Apache als Webserver und natürlich BIND als Nameserver stellte sich hingegen als goldrichtig heraus.

Mein Heimserver zog 2006 auf einen nagelneuen Tower-Server von Dell (leider auch unter SuSE, aber wenigstens schon mit Postfix) und hieß dell.home.kafke.net. In Wunstorf war jetzt endlich DSL verfügbar (6 MBit!), und TAL.DE sorgte für eine feste IP-Adresse für die Kiste. Mit eGroupware ging hier auch unsere erste Groupware-Lösung für die Firma online.

Zum Hauptserver bei IPX (die zwischenzeitlich von der QSC AG übernommen wurden) gesellten sich im Laufe der Jahre 3 weitere Server von Strato hinzu. Einer davon (hoshi.visyn.net) wurde zum neuen news.visyn.net als Reader-Server und trat in den Verbund des Open-News-Network.org ein. Ein weiterer wurde Feeder-Server, der Peerings zu Providern wie T-Online und anderen hatte. Der Feeder-Server (phlox.visyn.net) sollte langfristig auch worf ablösen, weil dieser langsam in die Jahre kam. Sollte ....
Am Ende kam noch ein VServer dazu (tuvok.visyn.net), der vor allem als secondary Nameserver und Webserver für einige meiner Freunde im Einsatz war.

Jahr für Jahr nahm ich mir vor, die Dienste des alten worf (der eine Schlüsselrolle als Primary MX und Primary Nameserver hatte) auf eine modernere Maschine und vor allem eine andere Distribution umzuziehen - es kam nie dazu.

Zum Jahreswechsel 2014/2015 (ja, da war worf bereits über 10 Jahre im Dienst) kam es dann zum GAU. Ich erkrankte relativ schwer und hatte mehrere Krankenhausaufenthalte. Zur selben Zeit stellten mehrere DNS-Blacklists ihren Betrieb ein, was meinen Sendmail auf worf dazu brachte, legitime Mailserver als Spammer einzustufen und ihre Mails abzulehnen. Gleichzeitig (wie sollte es auch anders sein) starb der saslauthd auf worf regelmäßig ab. Da unsere gesamten Firmen-Emails über worf als Smarthost verschickt wurden, war das fatal. Unsere ganze Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen läuft über einen Datenaustausch via Email. Die Abrechnung geriet ins Stocken. Und ich lag im Krankenhaus und konnte nicht eingreifen.

Glücklicherweise hat meine Frau die Initiative ergriffen und eine IT-Firma beauftragt, die gesamte EDV unserer Firma neu zu strukturieren und auch das Mail-Problem zu lösen. Zwischenzeitlich war ich auch öfter wieder im Betrieb, um die Umstellung zu begleiten. Betriebsintern laufen jetzt 3 Server unter Windows Server 2012 und Exchange/Outlook als Groupware-Lösung. Der Exchange ist jetzt auch als MX und Smarthost für die Firmen-Domains zuständig (vorgeschaltet ist eine Sophos-Firewall, auf der ein Exim die eigentliche Frontarbeit macht). Sophos kümmert sich auch um die zuverlässige Anbindung unserer Außenstandorte per VPN.

Tja. Ich bin glücklicherweise wieder vollständig genesen. Und meine erste Amtshandlung Anfang diesen Jahres war: Alle alten Root-Server weg, neue mussten her.

Seit Mitte Januar gibt es noch zwei Root-Server, beide bei Strato.

filou.hp-wunstorf.de ist der Nachfolger von worf.visyn.net. Er läuft unter Ubuntu Server 16.04 LTS. Zum Einsatz kommen Postfix, Amavis, Spamassassin, ClamAV, Dovecot, Mailman, Apache/2, BIND9, Joomla! etc.

Ihm zur Seite steht tuvok.visyn.net, ein kleiner Strato-Vserver, der ausschliesslich Secordary Nameserver für unsere Domains ist (ebenfalls unter Ubuntu Server 16.04.LTS).

Die alten Server bei Strato zu kündigen, war nicht schmerzhaft.

Aber worf bei IPX (heute QSC) Ende Januar herunterzufahren war schon ein besonderer Moment. Diese Maschine hat mir 14 Jahre klaglos Dienste verrichtet, ohne wirkliche Probleme bereitet zu haben.

In der Nacht zum 28.02.2018 wird QSC den Server aus seinem Rack in Nürnberg ausbauen und kostenfrei entsorgen.

R.I.P. worf. Danke für alles...